22.03.2024  (pba) Kirche und Kommune im engen Schulterschluss: In der Unterallgäuer Pfarreiengemeinschaft Pfaffenhausen und den vier entsprechenden Verwaltungsgemeinden scheint dies optimal zu gelingen. Verantwortlich dafür ist Ulrike Daufratshofer, Sozialarbeiterin und Theologin. In einem Pilotprojekt kümmert sie sich seit rund zwei Jahren um das soziale Gefüge der Gemeinden und versucht mit vielfältigen Ideen und Angeboten das gesellschaftliche Miteinander zu stärken. 

 Ulrike Daufratshofer (rechts) und Antonia Baur (links) kümmern sich als Referentinnen für soziale Gemeindeentwicklung um das soziale Gefüge der Verwaltungsgemeinschaft und Pfarreiengemeinschaft. Zahlreiche neue Ideen und Angebote sind schon entstanden (Fotos: Maria Rösch/ pba)Ulrike Daufratshofer (rechts) und Antonia Baur (links) kümmern sich als Referentinnen für soziale Gemeindeentwicklung um das soziale Gefüge der Verwaltungsgemeinschaft und Pfarreiengemeinschaft. Zahlreiche neue Ideen und Angebote sind schon entstanden (Fotos: Maria Rösch/ pba)

Im Rathaus direkt an der Hauptstraße der kleinen Gemeinde Salgen im Unterallgäu geht es an diesem trüben Dienstag Ende Februar fröhlich zu. Aus dem Büro gleich links neben der Eingangstüre des modernen Verwaltungsgebäudes klingen zwei beschwingte Frauenstimmen in den Vorraum hinaus. Drinnen sitzen Ulrike Daufratshofer und Antonia Baur am kleinen runden Tisch in der Mitte des Zimmers. Butterbrezen und bunt bemalte Kaffeetassen stehen darauf, ein Berg an Zetteln wird noch schnell zur Seite geräumt. Gemeinsam sind die beiden jungen Frauen für das Projekt mit dem sperrigen Namen „ILE ZAM – Zukunft Aktiv Meistern“ zuständig: eine Kooperation der Pfarreiengemeinschaft Pfaffenhausen und den vier Kommunen der Verwaltungsgemeinschaft. „ILE“ ist der Kurzbegriff und steht für „Integrierte Ländliche Entwicklung“.

„Ziel des Projekts ist es, die soziale Gemeinschaft vor Ort weiterzuentwickeln und zu stärken. Wir wollen die Menschen zusammenzubringen, neue Projekte und Angebote entwickeln, das soziale Netz ausbauen und Ehrenamtliche in ihrem Engagement unterstützen“, erklärt Ulrike Daufratshofer in wenigen Worten den Kern ihres Aufgabengebietes. Seit gut zwei Jahren ist sie als Referentin für soziale Gemeindeentwicklung dafür angestellt und wird dabei seit rund einem halben Jahr von Gemeindeassistentin Antonia Baur unterstützt.

Die beiden jungen Frauen teilen sich seither auch das Büro im Rathaus, das mit zwei großen Fensterfronten nicht nur einen guten Blick hinaus aufs Dorfleben von Salgen garantiert, sondern auch direkten Draht zu den Menschen ermöglicht. „Wir machen oft Fenstergespräche mit den Leuten“, sagt Ulrike Daufratshofer mit einem Augenzwinkern und zeigt dabei auf einen Stock oranger Frühlingsprimeln, den sie kürzlich geschenkt bekommen hätten. „Wir wollen mit unserem Tun Ansprechpartnerinnen für die Menschen in den Gemeinden sein und ein Ort, wo man hinkommen und Hilfe finden kann.“ Kleine Geschenke lägen da schon mal auf dem Fensterbrett, freuen sich die beiden.
In ihrem Büro im Rathaus in Salgen sind die Fenster nicht selten geöffnet. Denn "Fenstergespräche" mit den Menschen vor Ort führen die beiden sehr oft und gerne.
In ihrem Büro im Rathaus in Salgen sind die Fenster nicht selten geöffnet. Denn „Fenstergespräche“ mit den Menschen vor Ort führen die beiden sehr oft und gerne.

 

 

 

 

Doch nicht die kleinen Aufmerksamkeiten sind es, die die beiden jungen Frauen in ihrem Tun anspornen, sondern die sichtbare Freude an ihrer Tätigkeit: „Wir haben schon einige Projekte initiiert: ein Ferienprogramm für Kinder, regelmäßige Aktionen für junge Erwachsene wie zum Beispiel ein Bergwochenende oder einen Ausflug in die Kletterhalle, ein internationales Dorffest für neu zugezogene Menschen aus dem In- und Ausland oder ein generationenübergreifender Spielenachmittag.“ Eine Nachbarschaftshilfe für Seniorinnen und Senioren sei gerade in Planung: „Da geht es zum Beispiel darum, für ältere Menschen einzukaufen oder sie zum Arzt fahren, die Bäume im Garten zu schneiden, gemeinsam zu kochen oder einfach nur spazieren gehen. Uns ist der Austausch zwischen den Generationen wichtig. Wir wollen der Einsamkeit vorbeugen“, schildert Baur.

Um dieses Ziel zu erreichen wollen sie neue Begegnungsorte schaffen und auf bestehende aufmerksam machen. In einer Gemeindebroschüre, die jeder Haushalt erhält, sollen sie vorgestellt werden: Spielplätze, Badegelegenheiten oder beispielsweise Einkaufsmöglichkeiten und Bedien-Automaten.

Wer sich in den vier Ortschaften Salgen, Pfaffenhausen, Oberrieden und Breitenbrunn umschaut, wird einiges entdecken, was in den vergangenen zwei Jahren neu hinzugekommen ist. „Kommunen, die sich zu einer ILE zusammengeschossen haben, werden mit einem Regionalbudget von Seiten des Staates gefördert“, erklärt Daufratshofer. „Von den Geldern haben wir zum Beispiel ein Bücherhäuschen und eine Stockschützenbahn errichtet, für die Pfarreiengemeinschaft wurden Biblische Figuren gekauft“.

Ein Bücherhäuschen für die Menschen in Salgen: ein Projekt von vielen, das Ulrike Daufratshofer auf die Beine gestellt hat.

Die Grundsäulen der Diakonie und der Caritas umzusetzen und weiterauszubauen, ist den beiden neben all den neuen Projekten ein wichtiges Anliegen: „Weil die Caritas in den einzelnen Dörfern nicht mit eigenen Einrichtungen präsent ist, wollen wir auf Hilfen und Beratungsstellen hinweisen, die es im näheren Umland gibt, aber manchem gar nicht bekannt sind“, sagt Antonia Baur und verweist auf Homepage, Flyer, Bürgerbroschüre und nicht zuletzt das persönliche Gespräch, bei welchen sie auf die Angebote aufmerksam machen würden. Ob Sozial- oder Schuldnerberatung, Wohnungslosenhilfe, Krisenintervention oder etwa das Frauenhaus im nahe gelegenen Memmingen.

Was ihnen bei ihrer Aufgabe wichtig ist? „Nah bei den Menschen zu sein“, sagen beide einstimmig. Sie seien dabei bewusst als kirchliche Mitarbeiterinnen unterwegs, erreichten durch niedrigschwellige Angebote aber auch Menschen, die der Kirche eher fernstünden. „Die sind dann teilweise positiv überrascht“, sagt Antonia Baur und meint, dass Kirche dadurch über das gängige Angebot hinaus auf gute Weise erfahrbar und präsent werde. „Durch unser Büro hier im Rathaus tragen wir Kirche hinein in die Kommune und andersherum. Wir verstehen uns als neutrale Vermittlerpersonen“, führt Daufratshofer aus.

Was man für eine Tätigkeit wie ihre im Gepäck haben müsse? „Offenheit und eine fröhlich, gute Grundeinstellung, außerdem muss man zuhören können und für die Kirche brennen“, nennt Ulrike Daufratshofer. Für gute Fenstergespräche sind das die besten Voraussetzungen.

Info:

Das Pilotprojekt wird von der Pfarreiengemeinschaft Pfaffenhausen, dem Amt für Ländliche Entwicklung und den Verwaltungsgemeinden Salgen, Pfaffenhausen, Oberrieden und Breitenbrunn gemeinsam finanziell getragen. Konzipiert wurde es von der Abteilung „Pastoral-, Organisations- & Pastoralentwicklung“ durch den Fachbereich „Gemeindeentwicklung“ im Bistum Augsburg, die das Projekt auch weiterhin durch Thomas Stark begleitet und unterstützt.

Text und Fotos: Maria Rösch / pba